Schönen Tag aus Wien!
Man kann nicht immer nur lesen, man muß auch mal was schreiben....
Hier also der Fangbericht meines ersten 'professionellen' Karpfenansitzes -
oder wie das im Fachjargon galube ich heisst - meiner ersten Session.
Vorweg muss ich einmal feststellen, dass ich eigentlich überhaupt kein
'Specimen-Hunter' oder Karpfenprofi bin, sondern eigentlich aus der
Fliegenfischerecke komme. Aber mit dem Alter kommt die Frau, dann der
Nachwuchs und solange die Kinder ein Mindestalter noch nicht überschritten
haben lässt sich eine Sommertour nach Norwegen zum Lachsfischen oder zum
Bonefish fangen auf den Bahmas halt noch nicht verwirklichen. Gott-sei-Dank
hat man aber lang genug studiert, und konnte diese Erfahrungen schon
machen...
So kommt es auch, dass ich begonnen habe, mich als Allrounder zu versuchen.
Einige Tage im Jahr schaffe ich es noch Fliegenfischen zu gehen, aber den
Großteil meiner Handvoll Tage, die ich im Jahr fischend verbringen kann,
widme ich allem, was Flossen trägt und durch Kiemen seinen Sauerstoff
bezieht. Und da bietet sich halt auch der Karpfen an.
Nach einigen halbherzigen Versuchen in den vergangenen zwei Jahren,
beschloss ich Anfang November 02, die ganze Sache mal zumindest
semiprofessionell anzugehen. Die Familie war nach Deutschland gereist und
so fand ich die Zeit, drei Tage konsequent mit Frolic anzufüttern und am 4
Tag dann auch hoffentlich die Früchte meines Erfolges zu ernten.
Das Revier in Altenwörth ist ziemlich groß und bietet dem Fischer jede
'Art' von Wasser, die man sich vorstellen kann. Es gibt einen großen
Altarm, der vom Kamp gespeisst wird und sich in die Donau ergiest. Der
Mündungsbereich ist weit ausladend, es gibt eine riesige Rückströmung in
deren Mitte sich nach dem Bau des dortigen Kraftwerks eine kleine Insel
bildete. Und da unser Boot schon eingewintert war beschloss ich, mein Glück
eben zwischen der Insel und dem Ufer zu versuchen, wo es eine merkbare
Strömung gibt. Im Bereich dieses 'Kanals' hatte ich also in den vergangenen
Tagen ca. 4kg Frolic angefüttert.
Als ich die Stelle erreichte, stelte sich sofort der Regen ein und ich
'freute' mich schon auf einen pitschnassen Angeltag. Schnell noch ein
bisschen Frolic hinausgeschossen (mit der Madenschleuder, deren Gummi bei
jedem 2 Schuss abriss - sehr lustig), wie mir das von Profis empfohlen
wurde. Aber nicht zuviel, die Fische sollten sich nur ja nicht sattfressen.
Klingt plausibel.
Nun das 'Getackle' hergerichtet. Meine zwei Karpfenruten sind im
'wirklichen Leben' eine 3m lange Spinnrute mit einem Wurfgewicht von 30-60g
und eine 2,7m lange Spinnrute (WG 40-80g), die Rute ist mit einer
Ambassadeur Stationärrolle, die andere mit einer Ambassadeur Multirolle
bestückt.
Zum erstem Mal in meinem Leben fädelte ich nun ein Frolic an das
Haar...nach einigen gespaltenen Frolics gelang auch das, bebleibt wurde die
Laufmontage mit 60g - und nun raus damit. Als ultimater 'Rod-Pod' dienten
mir einige Ufersteine, in denen man den Griff hervorragend fixieren konnte.
Nun noch die Knarre bei der Multi und den Freilauf eingeschalten und die
Böschung rauf um die zweite Angel zu montieren.
Noch ehe ich oben angekommen war ein schnarrendes Geräusch der Multi im Ohr
- nein, bitte nicht jetzt schon ein Ast in der Schnur. Also wieder die
Böschung runter und die Montage befreien. Doch siehe da, also ein Ast
bringt die Spitze der Angel sicher nicht zu Auf- und Abbewegungen. Die
Konsequenz - ein Anhieb. Die weitere Konsequenz: eine nicht zu bremsende
Flucht in irgendeinen versunkenen Baumstamm am gegenüberliegenden Ufer und
Haken ausgeschlitzt. Wer muss den schon ausloten....
Aber nicht schlecht für den Anfang, so meine Gedanken. Und beachtlich die
Kraft meines 'Gegners', so meine Einschätzung.
Also das Auffädeln nochmals und wieder raus mit dem ganzen Zeugs. Diesmal
dachte ich mir, bleib ich gleich unten und warte, es wir sicher so
weitergehen.
Und siehe da, es ging tatsächlich so weiter. Nur ca 5 Minuten später die
selbe Szenerie, kurz warten, Anhieb und dran is er. Es folgte ein
wunderbarer Drill, am Ende wa ich der Sieger und konnte einen
Spiegelkarpfen von 70cm wieder freilassen.
Der Tag war auf alle Fälle gerettet und wie zum Lohn ließ sich auch der
Regen nach und der Himmel klarte merklich auf.
Nun das Frolic wieder raus, diesmal blieb mir sogar die Zeit, nun auch die
zweite Rute (die leichtere) auszulegen. Kaum hatte ich den Köder im
Mittelpunkt einer kaum sichtbaren Strömungszunge plaziert, knarrte auch
schon die Rollenbremse und etwas unbekanntes zog merkbar Schnur ab.
Mein Gedanke - heute bist Du wirklich vom Glück verwöhnt - Anhieb und Drill
(dieser an der feinen Rute noch spektakulärer) und schließlich die Landung
eines 55cm größen Spiegelkarpfens. Nach dem Motto: Catch and Deep-freeze
waidmännisch abgeschlagen, ausbluten lassen und ausnehmen. Wer schon mal
geräucherten Karpfen gegessen hat, weiss warum catch und nicht release....
Nach dem Drillgenuss an der leichten Rute beschloss ich, aufgrund der
offensichtlichen Beisslaune nur mehr mit dieser Rute zu fischen.
Weitere fünf Schuppenkarpfen, wobei der grösste Fisch 85cm groß war,
bereute ich diese Entscheidung keine Sekunde lang. Bemerkenswert war die
Kampfkraft der Fische: alle waren stromlinienförmig und hatten locker die
Kondition für 15-20 Minuten Drill an der leichten Rute.
Drei weitere Fische unbekannter Größe - natürlich waren das Giganten...-
sind während des Drills ausgeschlitzt, einer hat das Vorfach gesprengt.
Alle Fische wurden wieder zurückgesetzt und schwommen sofort mit kräftigen
Flossenschägen davon.
Alles in allem ein wunderbarer Tag, zum ersten Mal seit dem Meeresfischen
in Nordnorwegen habe ich am Abend meine Arme etwas schwerer als sonst
gefühlt.
Ich bin nur noch gespannt, ob diese Stelle generell so sensationell ist,
oder ob ich eine Sternstunde erleben durfte.
Aber das werde ich wohl erst im Frühjahr herausfinden können...
Ich werde Euch berichten!
Schöne Grüße aus Wien
Stephan
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